Gestern, am 03.09., haben wir (naja, hauptsächlich Daeseon) zuerst einmal die Tour in die DMZ, die demilitarisierte Zone zwischen Nord- und Südkorea, geklärt. Es gibt zwei Touren, eine eher „am Rand entlang“, und eine vom US-Militär organisierte, detailliertere. Letztere ist sicher interessanter, deswegen aber auch schon lange im Voraus ausgebucht, so dass wir lediglich einen Platz auf der Warteliste hätten bekommen können. Das war uns zu unsicher, und so haben wir denn nun die Standard-Tour gebucht – auch dort waren für den 20. nur noch wenige Plätze zu bekommen. Auf dieser Tour darf Daeseon nun aber auch mit; bei der US-Tour sind Südkoreaner ausgeschlossen – bzw. sie dürfen nicht wieder nach Südkorea zurück, wenn sie eine bestimmte Linie überschreiten. Und dem bekloppten Kim Jong-il wollen wir unsere Daeseon nun wirklich nicht überlassen.
Nachdem das geklärt war, sind wir frühstücken gegangen. Backwaren von Paris Baguette und Kaffee von 7grams, vertilgt in einem Pavillion in einer kleinen (naja, sehr kleinen) Parkanlage. Dort spracht uns ein junger Koreaner an, der ein wenig Deutsch konnte, da er ein Jahr in Berlin an der Musikhochschule war. Das war allerdings schon vier Jahre her, so dass die Unterhaltung zum Großteil doch über Daeseon als Dolmetscherin lief. Heinz hat ihm zum Abschied noch einen Dreckstückchen-Flyer in die Hand gedrückt und wartet nun auf die ersten Bestellungen aus Südkorea. Bei 7grams stand ein faszinierendes Gerät – ein Schirmeinpacker. Wenn es in Seoul regnet, dann heftig, und damit man mit seinem Schirm nicht alles volltropft, wird ihm eben ein Gummi übergezogen. Praktisch.
Derart gesättigt sind wir zum Gyeongbokgung gefahren, dem Hauptpalast der Joseon-Dynastie. Gyeongbokgung bedeutet in etwa „Vom Himmel überaus gesegneter Palast“. Unsere charmante Führerin behauptete, der Palast (wobei „Palast“ nicht ein einzelnes Gebäude meint, sondern den gesamten Bereich) wäre 1395 erbaut worden, sagte aber ebenfalls, dass das weitläufige Gelände mit insgesamt ca. 3.000 Bauten vollgestellt war. Auch wenn die Koreaner sehr fleißig sind, bezweifle ich, dass sie das alles in dem einen Jahr geschafft haben. Wie auch immer, die jetzt dort stehenden Gebäude sind allesamt Nachbauten, da der Palast als das Symbol der koreanischen Souveränität 1592 von den japanischen Besatzern in Schutt und Asche gelegt wurde; ein von Prinzregent Heungseon Daewongun um 1867 herum fertiggestellter Wiederaufbau eines Teils des alten Palastes wurde 1925, wieder von den Japanern, zu 90% zerstört, um Platz für eine Ausstellung zu schaffen. Die wichtigsten Gebäude blieben jedoch erhalten, und seit 1990 werden immer weitere Gebäude wieder aufgebaut.
Als wir ankamen, war vor dem Heungryemun, dem Eingangstor, gerade Wachablösung. Die armen Kerle müssen in ihren bunten Uniformen ziemlich geschwitzt haben, aber was tut man nicht alles für den Tourismus. Und es war schon nett anzusehen. Wir haben dann eine englischsprachige, einstündige Führung durch den Hauptbereich des Palastes mitgemacht, während der wir u.a. den Thronsaal (Geunjeongjeon) und die Gebäude für die alltägliche Regierungsarbeit (Sajeongjeon, „die Halle, in der der König genau nachdenken sollte, bevor er entscheidet, was richtig und falsch ist“), den Bankett-Pavillion (Gyeonghoeru) sowie des Königs Schlafsaal (Gangnyeongjeon) und den der Königin (Gyotaejeon) gesehen haben. Der Schlafsaal des Königs war sehr klein und spartanisch eingerichtet, damit sich dort kein Mörder verstecken konnte, und umrahmt von acht Zimmern für die Kokubinen, sprich für die persönliche Betreuung des Nachts…
Nach Ende der Führung sind wir dann noch ein wenig über das restliche Palastgelände gelaufen, mussten aber auch bald los, da wir mit Daeseons Schwester und ihrer Familie zum Abendessen verabredet waren. So ging es also mit der U-Bahn-Linie 1 nach Uijeongbu, einer Vorstadt im Norden von Seoul. Nach einer Dreiviertelstunde Fahrt mussten wir von der U-Bahn-Station noch ein gutes Stück laufen, bis wir das Hochhaus erreichten, in welchem die Familie residiert. Dort begrüßten uns Daeseons Schwester Daejong, deren Mann Chung und der Sohn Jimin; die Tochter Songmin war äußerst vorsichtig und ließ sich auch durch eine Packung Lübecker Marzipan nicht aus der Reserve locken, was nach einhelliger Meinung aller anderen völlig ungewöhnlich war. Wir sind dann mit dem Auto in ein japanisches Restaurant gefahren. Das Essen war sehr reichhaltig und mitunter recht interessant, insgesamt aber lecker und bestimmt total gesund. Die Familie hat uns dann noch zur U-Bahn-Station gebracht, von wo wir die ca. einstündige Rückreise ins Hotel antraten.